Entscheidungsfindung

1. Allgemeines

Die Entscheidungs findung in Plena/im Haus soll konsensbasiert sein. Unter Konsens verstehen wir eine Entscheidungs- oder Lösungs findung, die auf den Bedürfnissen aller Beteiligten beruht. Ziel ist alle Meinungen, Bedenken und Ideen zu hören und daraus eine Entscheidung zu erarbeiten, die alle mittragen können. Dieser Leitfaden zur Entscheidungs findung kann den Missbrauch von Machtpositionen oder dominanter Diskussionskultur nicht allein verhindern. Stattdessen wollen wir in unseren Strukturen daran arbeiten eine wertschätzende Atmosphäre zu schaffen und Prinzipien von Awareness und Reflexion von Privilegien aktiv umzusetzen.

Voraussetzungen für ein konsensbasiertes Arbeiten sind:

– ausreichend Zeit und ein gemeinsames Ziel sind vorhanden

– alle benötigten Informationen sind transparent und verfügbar

– es gibt eine Moderation und ein Protokoll

– Bedürfnisse der Gruppe und Einzelpersonen werden reflektiert und können kommuniziert werden

– innerhalb der Gruppe wird Verantwortung kollektiv getragen und es besteht gegenseitiges Vertrauen

– alle Beteiligten werden gehört

Auch bei Erfüllung der Voraussetzungen ist nicht unbedingt gegeben, dass alle gleichberechtigt am Konsensprozess teilnehmen können. Es ist erforderlich, dass Macht- und Hierarchiesysteme und Dominanzverhalten von der Gruppe stets kritisch hinterfragt werden. Insbesondere (verbale oder körperliche) Gewalt oder die Androhung dieser, zur Beein flussung von Entscheidungen oder bei kontroversen Diskussionen werden unter keinen Umständen geduldet und können zur Einleitung eines Ausschlussprozesses aus Strukturen/dem Haus führen.

2. Konsensprinzip

Schritte zur Konsens findung sind:

– die o.g. Voraussetzungen sind gegeben- Es wird ein Überblick über das zu bearbeitende Thema/Problem gegeben

– Eine konkrete Fragestellung wird formuliert

– Es werden die Bedürfnisse, Ängste und Wünsche der Beteiligten abgefragt und besprochen. Verständnisfragen und Unsicherheiten werden geklärt.

– Es werden Ideen zur Lösung bzw. Mögliche Entscheidungen gesammelt und diskutiert

– Es werden ein oder mehrere Konsensvorschläge diskutiert und abschließend fomuliert

– Es findet eine Konsensabfrage statt (s.u.)

– der Konsens (Vorschlag und Abfrage) wird schriftlich festgehalten und in geeigneter Form innerhalb des Hauses oder an betreffende Gruppen/Personen kommuniziert Bei der Konsensabfrage ist erforderlich, dass ein odere mehrere Konsensvorschläge klar formuliert sind, keine “entweder-oder-Fragen” gestellt werden und genügend Zeit ist um

folgende Positionierungen abzufragen und anzuhören:

– Gibt es Vetos? Ein Veto bedeutet, dass die Person die dieses ausspricht mit dem Konsensvorschlag grundlegend nicht einverstanden ist, diesen nicht mittragen kann/möchte und die Umsetzung des Vorschlages durch die Gruppe absolut ablehnt. Es muss grundsätzlich von der aussprechenden Person eine Bereitschaft zur weiteren Beteiligung am Lösungsprozess vorliegen und das Veto muss (ausführlich) begründet werden.

Ein Veto darf niemals als Machtmittel einzelner Personen missbraucht werden, z.B. um Prozesse zu blockieren oder eigene politische Ziele durchzusetzen. Es kann u.a. dann ausgesprochen werden, wenn die Gruppe mit dem Konsensvorschlag gegen das Selbstverständins verstoßen würde, daraus eine Bedrohung für Einzelpersonen/Gruppen entstehen würde, oder die Entscheidung diskriminierend oder zum Nachteil marginalisierter Gruppen ist. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Macht des Vetorechts ist essentiell.

Bei einem Veto wird der Konsensprozess zunächst unterbrochen. Möglicher Umgang mit Vetos s.u., wenn die Gruppe weiterhin eine Entscheidung treffen möchte.

– Gibt es Stand Asides? Ein Stand Aside bedeutet, dass die Person, die dieses ausspricht den Vorschlag nicht mittragen kann/möchte, nicht Teil der Umsetzung sein kann/möchte, aber der Gruppe die Möglichkeit überlässt den Vorschlag dennoch umzusetzen.

– Gibt es schwere Bedenken? Schwere Bedenken bedeuten, dass die Person, die diese ausspricht den Vorschlag in dieser Form nicht mittragen kann und möchte. Bei schweren Bedenken muss der Vorschlag erneut diskutiert und abgeändert werden, die Bedenken müssen ernstgenommen werden und Raum bekommen.

– Gibt es leichte Bedenken? Leichte Bedenken bedeuten, dass die Person, die diese ausspricht nicht vollständig mit dem Vorschlag übereinstimmt, diesen aber mittragen kann. Leichte Bedenken können, nach Wunsch der aussprechenden Person besprochenwerden, mit dem Ziel diese auszuräumen.

– Gibt es Zustimmung? Zustimmung bedeutet, dass die Person die diese ausspricht dem oder einem der Vorschläge vollständig zustimmt und diesen mitträgt.

Ein Konsens besteht, wenn es kein Veto gibt und schwere Bedenken bearbeitet wurden. (Es kann Entscheidungen geben, bei denen vorher festgelegt wird, dass es auch keine Stand Asides geben darf um zum Konsens zu gelangen, z.B. bei Grundsatzentscheidungen oder Entscheidungen zum Selbstverständnis, die von allen getragen werden müssen) Ein bestehender Konsens kann bei Neubewertung einer Situation, neuen Informationen, geänderten Rahmenbedingungen oder Voraussetzungen oder anderen Umständen, die eine erneute Diskussion erfordern, abgeändert, verworfen oder erneut bestätigt werden.

3. Umgang mit Vetos (siehe Flowchart)

Siehe Flow Chart: Konsens Flow Chart

4. Alternative Entscheidungs findungsmöglichkeiten

Es gibt Situationen in denen alternativ oder zusätzlich zum Konsensprinzip andere Entscheidungsformen möglich sind, oder diese als Moderationstools eigesetzt werden können. Es sollte jedoch generell das Konsensprinzip bevorzugt werden.

– Wichtige Voraussetzungen (ähnlich wie auch beim Konsensprinzip)

– Einverständnis der Beteiligten zur Methode,

– gute moderative Einordnung,

– keine Grundsatzentscheidungen,

– klare Fragestellung,

– benötigte Infos sind transparent,

– alle Beteiligten/Betroffenen werden gehört

– Systemisches Konsensieren

– Was ist das? Es gibt mehrere Optionen, es werden zu allen Optionen

Widerstandspunkte abgefragt, es ergibt sich ein Lösungsvorschlag mit dem geringsten Widerstand

– mögliche Situationen: Entscheidungen ohne große Tragweite, Tendenzen oder Prioritäten (auch vor Konsensprozess) abfragen, bei eingefahrenen

(Konflikt-)Situationen

– Bewertungswahl

– Was ist das? Es gibt mehrere Optionen, es werden Zustimmungspunkte auf die Optionen verteilt, es können mehrere Dimensionen, z.B. Relevanz, persönliche Präferenz, Umsetzbarkeit, Zielorientiertheit abgefragt werden (hier ist eine grafischeUmsetzung möglich)- mögliche Situationen: Präferenzen abfragen, Mehrfachoptionen/-kombinationen abwägen, Priorisierung von z.B. Projekten

– Mehrheitsentscheid

– Was ist das? Abstimmung mit ja/nein/Entahltung und Schwelle für Annahme eines Vorschlages, z.B. 50%, 2/3-Mehrheit, 90%

– mögliche Situationen: kleinere administrative oder organisatorische Fragen, Terminabfragen, ggf. Im Umgang mit Vetos wenn alle anderen Optionen scheitern (s. Flowchart)